Die letzte Jens-Nielsen-Kolumne
Kürzlich und, das gebe ich zu, zu meiner Überraschung, überkam mich das Gefühl, ein Nashorn zu werden. Mir war heiss. Ich zog die meisten Kleider aus. Mein Blick ruhte am liebsten nur auf etwas und zwar lang. Oft scharrte ich mit den Füssen auf dem Boden. Meine Finger konnten sich nicht mehr allein bewegen, nur zusammen. Unruhe packte mich und meine Haut war dick und rissig. Vögel landeten auf meinen Schultern, um darin zu picken. Das gefiel mir. Ich war gern allein. Ich verlor den Drang, den Tag zu planen. Nachdenken ging gar nicht mehr. Es gab nur noch das Jetzt. Ich fand, das Beste sei es, einfach dazustehen. Oder urplötzlich geradeaus zu rennen, mit dem Kopf gesenkt und ohne Rücksicht auf die Hindernisse. Mehr noch, diese Hindernisse wollte ich treffen. Das Vorwärtsrennen war von aufkommender Wut getragen, die ich zunehmend genoss. Ich stiess wüste Geräusche aus. Es gab nur noch gar nicht oder ganz. Manieren und Mässigung verliessen mich. Auch mit der Stubenreinheit war es vorbei. Unwillkürlich zog ich mich zurück. Es trieb mich in die Wildnis. Oben in den Jurahöhen war mir wohl, da gab es ebenen Platz und Futter. Was ich noch erinnerte: Die AAKU-Redaktion erteilte mir aus Nashornliebe einen artgerechten Dispens. Möge ich mich im Jura-Wald ansiedeln und in der Natur die Nashornfreiheit finden. Gut. Schwach spürte ich noch den Impuls, mich zu bedanken, für die kleine Festanstellung als Kolumnenautor, die jetzt wohl zu Ende war. Doch das Bedürfnis schimmerte nur noch als vages Echo irgendwo in einem Hinterzimmer meines Kleinhirns.
Jens Nielsen beendet mit diesem Abschiedsbrief seine Kolumne fürs AAKU. Einige seiner Vergehen sind hier aufgeführt: www.jens-nielsen.ch
Neugierig, wer im neuen Jahr an dieser Stelle schreibt? Auflösung im Februar.