Das Freilichttheater Muri thematisiert die Freiämter Auswanderungswelle im 19. Jahrhundert – auf der Bühne und in einer Ausstellung.
Wir schreiben das Jahr 1854, es sind die letzten Tage vor Abreise einer Gruppe von Menschen, die hoffen, in einer neuen Welt ihr Glück zu finden. Ganz freiwillig nehmen sie an dieser abenteuerlichen und strapaziösen Reise über den Atlantik, von der sie nicht wissen, ob sie diese überleben werden, nicht teil. Sie beugen sich dem Druck der Gemeinde oder lassen sich von Wirt Lonzi, dem Unteragenten einer Speditionsfirma, zur Auswanderung bewegen. Die Menschen selbst hatten unter den gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen oft nur wenig Perspektiven. Bei vielen übernimmt die Armenkasse die Reisekosten. Das kommt die Gemeinde günstiger, als sie ein Leben lang zu unterstützen.
Diese Episode der zweiten schweizerischen Auswanderungswelle ist der Stoff, der am diesjährigen Freilichttheater Muri mit rund 50 Laienschauspieler*innen unter der Regie von Adrian Meyer inszeniert wird. Das Theater ist fiktiv – «aber es hätte so sein können», erzählt Historiker Christoph Zurfluh, der das Stück «Amerika» geschrieben und die dazugehörige Ausstellung gemeinsam mit der Grafikerin Nicole Laubacher kuratiert hat. Gegen 400 000 Schweizer*innen verliessen im 19. Jahrhundert ihre Heimat. Die meisten aus schierer Not. Rund 200 stammten aus Muri. Seine Recherchen zum Stück bauten unter anderem auf den Arbeiten des Lokalhistorikers Hugo Müller auf, aber auch auf verschiedenen Archiven, wo er etwa Passagierlisten der Postschiffe fand, auf denen auch Murianer*innen aufgeführt waren.
So können Besuchende in der Ausstellung das Schicksal zweier historisch verbriefter Auswander-Familien verfolgen, von damals bis heute. «Wer will, kann den Bogen zu heute schlagen.» Denn vieles der aktuellen Flüchtlingssituation erinnere an die Situation im 19. Jahrhundert. «Migration ist ja nicht nur kriegsbedingt. Menschen verlassen ihr Land auch, weil sie kaum Chancen zum Überleben haben. So ging es den Schweizer*innen damals. So geht es den Menschen auf den Booten heute.» Zurfluh geht es aber nicht darum, moralische Schlüsse zu ziehen, sondern das Thema Migration aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Damals und heute.
VERLOSUNG
AAKU verlost 3 × 2 Tickets für die Vorstellung vom 26.8.23. Mail mit Betreff «Amerika» bis 5. Juli an redaktion@aaku.ch.
MURI Klosterhof, Mi, 26. Juli (Premiere). bis 1. September.
Weitere Infos: amerika.theater