Tagebuch aus Sri Lanka von Siga
Vor 36 Jahren bin ich als vierjähriges Kind mit meinen Eltern vor dem Bürgerkrieg in Sri Lanka nach Deutschland geflohen. Diesen Frühsommer habe ich mich entschieden, das erste Mal seither nach Sri Lanka zu reisen, um meine Wurzeln besser kennenzulernen und die Kultur meines Heimatlandes zu erfahren. Ich wollte meine verbleibende Grossfamilie treffen und neue künstlerische Verbindungen knüpfen. Obwohl ich in Deutschland aufgewachsen bin, ist Sri Lanka ein Teil von mir und meiner Identität geblieben. Es ist für mich ein besonderer Ort voller Familiengeschichte, Traditionen und kultureller Schätze.
Ich wollte schon immer Klänge aus meiner Heimat in meine Musik einbinden, daher wurde es auch eine Recherchereise. Schon bei meiner Ankunft spürte ich die pulsierende Energie des Landes. Die bunte Mischung aus traditioneller Musik, Bollywood-Klängen und westlichen Einflüssen schuf eine faszinierende Melange, die mich sofort in ihren Bann zog.
Ich hatte vor der Reise viele Erwartungen. Ich kannte Sri Lanka hauptsächlich aus den Medien und den Erzählungen meiner Bekannten. Ich selbst hatte nur wenige Erinnerungen an damals. Neben Kulturschätzen wie den Tempeln oder der Festung von Sigiriya, war ich auch auf die Natur und die Tierwelt gespannt. Vor allem aber war ich neugierig auf die Menschen, ihre Lebensweise und die Musik. Bereits 2019 wollte ich für einen Dokumentarfilm über mein Leben nach Sri Lanka reisen. Leider mussten wir wegen dem Anschlag in Colombo und kurz darauf wegen Corona alles verschieben. Nun war die Reise insgesamt sicher. Heute gleisen wir das Projekt neu auf.
Ich habe verschiedene Orte besucht, hauptsächlich ländliche Gebiete, in denen meine Familie lebt. Aber auch mehrere Städte wie Colombo, Kandy und Trincomalee standen auf dem Programm. Besonders traurig haben mich die Armut und die schlechten Lebensbedingungen gestimmt. Auch die Folgen des Bürgerkriegs, die vielerorts sichtbar sind. Die vielen Gerüche von den Gewürzen auf den Märkten oder etwa das Gefühl von heissem Sand unter meinen Füssen haben bei mir viele Erinnerungen an meine frühe Kindheit ausgelöst.
Nicht nur die traditionelle Musik Sri Lankas beeindruckte mich. Auch in der modernen Pop- und Rock-Szene traf ich auf talentierte Musiker*innen. Gemeinsam teilten wir unsere Leidenschaft für die Musik und schufen neue Songs. Seit meiner Rückkehr nach Hause bin ich voller neuer Ideen und Inspiration. Ich verspüre eine Freude und Kreativität, die sich auch in meinen eigenen Kompositionen widerspiegelt. Die Klänge und Melodien Sri Lankas werden in meinem zukünftigen musikalischen Schaffen einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
ZUR PERSON
Siga aka Siva Ganesa ist in Sri Lanka geboren und als Vierjähriger mit seinen Eltern nach Deutschland (Bielefeld) geflüchtet. Seit 2020 lebt er in Othmarsingen. Derzeit arbeitet er an einem Dokumentarfilm über seine bewegte Geschichte vom Geflüchteten zum Personenschützer zum Musiker und Entertainer.