AUSSTELLUNG Das Stadtmuseum zeigt das vielseitige Werk der (Presse-)Fotografin Sabine Wunderlin
Sie hatte sie alle vor der Linse: Bundesräte, Peter Maffay, Dalai Lama, Gorbatschow, Papst Johannes II: Sabine Wunderlin, 33 Jahre lang Pressefotografin bei Ringier. Nun widmet das Stadtmuseum Aarau ihrem Schaffen eine Ausstellung. Wunderlin wurde zur Chronistin einer Schweiz im Umbruch, dokumentierte über Jahre die Frauenbewegung und den urbanen und den politischen Wandel. Als Fotografin war sie nicht nur Dokumentarin, sondern auch aktive Akteurin, wobei sie den Balanceakt zwischen Abbildung und Inszenierung, zwischen Natürlichkeit und bewusster Bildgestaltung beherrschte.
Als Wunderlin 1984 als Fotografin bei Ringier («SonntagsBlick») einstieg, war der Beruf eine Männerdomäne, in der sie sich schnell etablierte. Ob im Bundeshaus oder in der Bauernstube: Mit einem ausgeprägten Sinn für einfühlsame Zwischentöne, Nebenschauplätze und Randfiguren erlangte sie Bekanntheit.
Sabine Wunderlin (*1953) ist in Stein im Fricktal aufgewachsen. Nach dem Gymnasium in Basel absolvierte sie das Lehrerseminar in Liestal. 1980 begann sie mit der Ausbildung an der Fotoklasse der Kunstgewerbeschule in Zürich. Vier Jahre später, noch als Studentin, gelang ihr der Durchbruch: Die Fotos ihrer Abschlussarbeit «Militärschule der Frauen», eine Reportage über die Rekrutenschule des sogenannten Frauenhilfsdienstes (FHD), in der sie eindrücklich den Alltag der Frauen in Uniform zeigte, wurden im «Magazin» des «Tagesanzeiger», in der «Illustré», im «SonntagsBlick» und im «Spiegel» publiziert.
Neben der Arbeit als angestellte Pressefotografin setzte sich Sabine Wunderlin ein Leben lang für die Sichtbarkeit und Gleichberechtigung homosexueller Frauen ein. Sie fotografierte die Frauen der Gruppe FLOH (Frauen lesbisch oder homosexuell), der sie selbst angehörte. Obwohl sich die FLOH 1983 wieder auflöste, fotografierte sie diese Frauen über Jahrzehnte hinweg – daraus entstand ein eindrückliches Langzeitprojekt. Weiter dokumentierte sie feministische Aktionen seit den Achtzigerjahren, war beim ersten und zweiten nationalen Frauenstreik dabei, hielt Geschehnisse im Pudding Palaces – einem Treffpunkt im Frauenzentrum in Zürich – ebenso fest wie die erste Frauensession 1991 im Bundeshaus.
Die Ausstellung blickt auf ihre aussergewöhnliche Karriere, widerspiegelt vier Jahrzehnte Fotojournalismus im Umbruch und präsentiert die persönlichen und politischen Arbeiten der Fotografin.