«Inshallah a Boy» von Amjad Al Rasheed, Jordanien 2023
Alles begann vor einem Jahr in Cannes. Seit der Premiere an der Semaine de la Critique reist das Spielfilmdebüt «Inshallah a Boy» um die Welt. Nach dem plötzlichen Tod ihres Mannes ist Nawal mit Tochter Noura allein und muss um die Grundlagen ihrer Existenz kämpfen, weil das jordanische Gesetz Männer bevorteilt. Der jungen Mutter gelingt auf dem Spiessrutenlauf durch patriarchale Strukturen ein Befreiungsschlag, der nicht zuletzt für ihre Tochter inspirierend ist. Mitten in der vielschichtigen jordanischen Gesellschaft angesiedelt, trifft die aufbauende Geschichte einen universellen Nerv, bietet Intrige und Spannung mit Herz – und eine grossartige Performance von Mouna Hawa in der Hauptrolle.
AB 6. JUNI im Kino
«Falling Into Place» von Aylin Tezel, Grossbritannien 2023
Die Isle of Skye liegt unmittelbar vor der Westküste Schottlands im Atlantik und ist mit ihrer archaischen Landschaft Sehnsuchtsort und Fluchtpunkt. Kira hat sich nach der Trennung von ihrem Freund dahin abgesetzt, und Ian weilt da, weil er seine Schwester nach Jahren wieder besuchen will. Beide suchen sie Distanz zu dem, was bis anhin war. Gerade mal eineinhalb Tage verbringen wir mit ihnen und haben Anteil an ihrem versuchten Innehalten der Zeit. In der magischen Verbindung scheint alles möglich, doch hinter der Pause lauert der Alltag. Die Schauspielerin Aylin Tezel hat diese melancholisch-sanfte Liebesgeschichte nicht nur geschrieben und inszeniert, sie verkörpert auch Kira und deren Träume. Ihr Regiedebüt lebt von den Stimmungen der Isle of Skye und einer überraschenden visuellen Umsetzung des titelgebenden «Hineinfallens» ins Verliebtsein.
AB 20. JUNI im Kino
«Sterben» von Matthias Glasner, Deutschland 2024
Bei den unlängst verliehenen deutschen Filmpreisen wurde er verdientermassen vierfach ausgezeichnet: Goldene Lola als bester Film, beste Schauspielerin (Corinna Harfouch), beste Nebenrolle und beste Musik. Auf Musik ist auch der Titel von Matthias Glasners Film zurückzuführen. Der beste Freund der Hauptfigur Tom (Lars Eidinger) ist Komponist und hat ein Konzertstück mit dem Titel «Sterben» geschrieben. Tom ist Dirigent und arbeitet daran, es zur Aufführung zu bringen. Doch das ist nur einer der Pfade durch die sich vor uns eindrücklich ausbreitende Binnen-Landschaft, die Leben heisst. Toms Eltern sind betagt, die Schwester sucht trunken ihr Liebesglück, und Tom selber spielt Ersatzvater bei seiner Ex. Wie das Leben ihnen spielt und sie mit dem Leben, erleben wir in diesem brillant geschriebenen, inszenierten und gespielten Film, der an Überraschungen reich ist – ganz wie das Leben.
AB 30. MAI im Kino