Das offene Objekt

Die Buttermaschine des Lebens

Von
Rudolf Velhagen

In einer Buttermaschine vollzieht sich eine stille Metamorphose. Flüssige Milch, weich und unfertig, wird durch unermüdliche Bewegung zu Butter – fest, reichhaltig, vollendet. Doch dieser Wandel geschieht nicht von selbst. Erst durch das stetige Schlagen, durch das Trennen von Molke und Fett, entsteht etwas Neues: Transformation braucht Reibung, wie es der deutsche Künstler Joseph Beuys (1921 – 1986) mit seiner «Sozialen Skulptur» unter der Verwendung der Materialien Fett und Filz eindrücklich aufzeigte.

So ist es auch mit uns. Wir beginnen als formbare Masse, als Summe unserer Möglichkeiten. Doch das Leben schleudert uns hin und her, trennt Wesentliches von Überflüssigem, zwingt uns, Gestalt anzunehmen. Jeder Widerstand, jede Krise ist ein Schlag im grossen Umrühren unserer Existenz. Wer sich dieser Bewegung entzieht, bleibt flüssig, ungeformt, ohne Beständigkeit.

Aber Transformation ist mehr als blosses Aushalten. Sie verlangt, dass wir uns ihr hingeben, dass wir vertrauen, dass aus dem Chaos eine neue Struktur entsteht: Wer Butter will, muss rühren, und wer wachsen will, muss Wandel zulassen.

Vielleicht ist das Leben am Ende nichts anderes als eine grosse Buttermaschine: ein ständiger Prozess des Knetens und Trennens, damit wir zu dem werden, was in uns steckt.

Rudolf Velhagen, Chefkurator bei Museum Aargau, erkundet an dieser Stelle die verborgenen Botschaften der Dinge. Nicht weniger als 55 000 historische Objekte aus der kantonalen Sammlung warten auf ihre Befragung.

Transformation ist mehr als blosses Aushalten, Buttermaschine, 19. Jh., Holz und Glas, Höhe: 58 cm, Durchmesser: 24 cm, Sammlung