Manchmal, nicht selten, bieten «Kulturangebote» ihren Teilnehmer*innen einen Spiegel an, der wie ein Fenster funktioniert. Es ist Frühling, daher darf dieses Fenster gerne offen sein, so weit wie möglich. Menschen steigen durch diese Öffnungen ein und aus. Bringen Erlebtes und neue Ideen zurück, tragen ihre Sorgen hinein, übergeben sie einer Held*in und amüsieren sich, wie diese damit hadert, strauchelt und scheitert – wobei sie natürlich hoffen, dass sie löst, was sie selbst nicht vermögen.
Solche Spiegel muss man erst als solche erkennen, suchen, aufspüren. Und sich dann wagen, hineinzuschauen und das Abenteuer anzunehmen. Es gibt sie überall im All tag, diese kulturellen Spielgelegenheiten, nicht nur virtuell, sondern auch ganz analog. Das FiguraFestival beispielsweise. Mit wenigen Gesten und ein paar Objekten schaffen die Figurenspieler*innen eine neue Dimension aus dem Nichts, die sich um uns Zuschauende ab dem ersten Takt schliesst. Obwohl wir wissen, dass wir in einer Fiktion sind, die Häuschen bloss Holzklötzchen, die Figuren bloss Pappmaché, lassen wir uns doch ergreifen und fiebern mit. Was nach den Regeln des Kinderspiels funktioniert, wirkt wie ein Film, ein Traum, eine Erinnerung. Mindestens 33 temporäre Eintrittsportale öffnen sich am Figura Theaterfestival, ein paar stellen wir Ihnen vor.
Auch eine einzelne Fotografie kann bereits eine oder gar mehrere Geschichten sein. Wie etwa unser CoverBild des italienischen Fotografen Mattia Balsamini. Technik und Natur treffen hier aufeinander und erzeugen Spannungen. Die Fledermaus scheint gegen das, was ihr widerfährt, aufzubegehren. Diese Riesenhände im Gummigewand, was haben sie vor? Sind sie eine Bedrohung oder eine Rettung? Steht die Komposition gar stellvertretend für ein Dilemma, in dem wir uns Menschen befinden? Ganz auflösen wollen wir das Rätsel nicht. Also kein Spoileralarm, dafür eine Empfehlung: Besuchen Sie das Fotofestival Lenzburg, an dem unter vielen anderen auch die Werke Balsaminis zu entdecken sind.
Das Älterwerden, das Abschiednehmen, die Neuanfänge: Wie viele Stunden ist die Menschheit wohl schon wegen diesen Themen in der Nacht wachgelegen? Fünf Spielclubs der Bühne Aarau mit Spieler*innen aus allen Altersgenerationen nehmen sich diesen an. Am Festival GoodbyeHello bespielen sie mit ihren eigenen Pro duktionen die Alte Reithalle und liefern bestimmt keine fixen Antworten, sondern zeigen, wie mit den Mitteln des Theaters eigene psychische Motive und Asso ziationen bearbeitet werden können. Hören Sie mit uns hin, was die Spieler*innen über ihr kreatives Schaffen erzählen.
Manchmal drängt die Welt besonders stark in die Kunst. Wenn ihr der einzelne Mensch ohnmächtig und sprachlos gegenübersteht. Die Kunst wird zum aktivistischen Moment, um Menschen zu erreichen und ihnen das Unsägliche zu vermitteln. Wir haben uns mit dem palästinensischen Künstler Mahdi Baraghithi getroffen und zu gehört. Er erzählte uns über sein Leben und seine Kunst als queerer Muslim in Ramallah, über die Angst, jederzeit vom israelischen Militär verhaftet zu werden.
Obwohl flüchtig wie ein Moment, wie ein Hauch von Nichts, sind die Spiele doch ziemlich mächtig. Das Buch ist zugeklappt, beim Film läuft der Abspann, die Ausstellung ist durchschritten – und wir sehen die Welt mit anderen Augen.