Das offene Objekt

Die Prepper-Bewegung

Von
Rudolf Velhagen

Zwischen Katastrophenvorsorge und Endzeit-Romantik

Während sich die einen um Streaming-Abos und um die perfekte Avocado kümmern, planen Prepper (abgeleitet vom Englischen to be prepared: bereit sein) für den Tag, an dem in unserer Gesellschaft nichts mehr gehen wird. Wasserfilter, Funkgeräte, Dosenravioli – ihr Arsenal für den Tag X klingt wie das Inventar eines Actionfilms. Doch ist dies Panikmache oder einfach nur Pragmatismus im Sinne von «allzeit bereit»? In einer Welt, in der ein Schneesturm reicht, um Supermarkt-Regale leerzufegen, scheinen solche Vorbereitungen gar nicht so absurd. Und hatte der Bund nicht letzten Herbst daran erinnert, einen Notvorrat anzulegen? Was die Bewegung der Prepper eint, deren Grösse sich allein in den USA seit 2017 auf rund 23 Millionen Personen verdoppelt hat, ist ihr Misstrauen gegenüber staatlichen Schutzmassnahmen. Je nach Überzeugung gehen auch in der Prepper-Bewegung die Meinungen darüber auseinander, welche Ausrüstung oder Fähigkeiten dafür erforderlich sind, auf politische, wirtschaftliche oder ökologische Bedrohungen zu reagieren: Die meisten Prepper füllen Vorratskammern, Keller und Bunker mit Essen, Generatoren und Werkzeugen, andere hingegen setzen bspw. auf körperliche Fähigkeiten, die ein besseres Überleben auf der Flucht ermöglichen.

Wie auch immer, die inzwischen weltweite Prepper-Bewegung wirft eine spannende philosophische Frage auf: Wie verhalten wir uns grundsätzlich zum Ungewissen, das nun Mal Teil unserer Welt ist? Die Prepper-Bewegung mag uns vor Augen führen, dass wahre Vorbereitung nicht nur im Anlegen von Vorräten liegt, sondern in aktiven Beziehungen zu unseren Mitmenschen und vor allem in der Fähigkeit, in einer zunehmend komplexeren Welt stets flexibel zu bleiben.

Auch die Prepper-Bewegung ist eine Frage der Perspektive – in einer rasant sich ändernden Welt sind Flexibilität und damit ein steter Perspektivenwechsel wohl das beste Survival Kit. Abb.: Boxkamera KODAK Brownie No. 2/Model F (Limited Edition, Canada), circa 1930, Sammlung Museum Aargau, Inv.-Nr. K-18278.