Kunst

Die Rösti-Polenta-Brücke

Von
TIB & Michael Hunziker

Das Tessiner Kollektiv «Ticino is Burning» bezieht Residenz im Forum Schlossplatz – Zeit für «interkulturellen» Austausch. Wir stellen die Vision der Gruppe vor.

«Ticino is Burning» (TIB): Hinter dem Projekt mit dem Namen eines Weckrufes stehen vier unabhängige Tessiner Künstler*innen (Elena Boillat, Camilla Parini, Francesca Sproccati und Simon Waldvogel). Sie wollen in dieser Formation das Nachdenken anregen – über Produktion, Verbreitung und Zusammenarbeit im Bereich der darstellenden Kunst. Wie aus dem Namen der Bewegung hervorgeht, zielt TIB darauf ab, die Schwierigkeiten des künstlerischen Austauschs zwischen dem Tessin und dem Rest der Schweiz durch eine provokative Kommunikation zu überwinden. Ihre Vision ist es, neue Formen des Zusammenarbeitens zwischen unabhängigen Künstler*innen und lokalen Veranstalter*innenim Tessin und anderen Regionen der Schweiz zu schaffen. Gleichzeitig macht das Kollektiv so auf die geografische Randlage des südlichen Alpenraums, das Fehlen von Tessiner Vertreter*innen bei nationalen Veranstaltungen und das Lohngefälle im Vergleich zur übrigen Schweiz aufmerksam.

Um ihre Ziele zu erreichen, hat die Bewegung seit Beginn des Projekts versucht, Kontakte zu den wichtigsten Akteuren des gesamten Sektors der darstellenden Künste in der Schweiz herzustellen. Durch die Aufnahme eines Dialogs zwischen den verschiedenen Schweizer Kulturszenen will die TIB Brücken zwischen dem Röstigraben und dem Polentagraben bauen und neue Modelle der Kooperation suchen.

Die Mitglieder von TIB präsentierten ihre Absichten bereits an der M2ACT-Veranstaltung des Migros-Kulturprozentes 2021 in der Gessnerallee in Zürich. Als Palmen verkleidet (die als Symbol des Tessins gelten), waren siebeim Schweizer Theatertreffen 2022 in Chur, auch visuell präsent. Im Jahr 2023 beteiligten sie sich an der künstlerischen Co-Kuratierung von «La Straordinaria – Tour Vagabonde», einem temporären Raum in Lugano, der die politisch-soziale Kritik am Mangel an Räumen für die unabhängige Kultur aufgreift und gleichzeitig einen Diskurs zur Reformierung der regionalen Kulturpolitik lanciert. Darüber hinaus erhalten sie vom Schweizerischen Tanzfest eine Carte Blanche, die es ihnen ermöglicht, mit der Aarauer Kompanie InQdrt zusammenzuarbeiten. Im Jahr 2022 erhielt Ticino is Burning für ihr vielseitiges Wirken den Swiss Performing Arts Awards. Jüngst beteiligte TIB sich aktiv an der Ausarbeitung der «Carta della Gerra», einer zentralen 5-Punkte-Erklärung zur Förderung der unabhängigen Kultur im Tessin. Die Erklärung wurde von mehr als 700 Persönlichkeiten unterzeichnet und am 5. Februar dieses Jahres offiziell an die zuständigen Behörden übergeben.

Im Forum Schlossplatz wird das Kollektiv also einiges zu erzählen haben. Im Rahmen des Programms «Residenz Residenz» wird an zwei Daten für die Öffentlichkeit die Gelegenheit bestehen, Ticino is Burning und damit die (nicht nur) hinter dem Gotthardmassiv brennenden Fragen kennenzulernen.

AARAU Forum Schlossplatz
Do, 25. April, 12–14 Uhr (Mittagessen) So, 5. Mai, 14–16 Uhr (Schlussmoment)