An dieser Stelle beginnen wir das AAKU ja gerne mit etwas Saisonalem, etwa mit einer Bemerkung zum Wetter, das geht immer. Ist nicht anstössig, weil neutral, und stets irgendwie wahr. Dann leiten wir gerne über zur Kultur. Dabei kann es bekanntlich schon kantiger (etymologisch von Kant) werden, das liegt in der Natur der Sache. Schliesslich bietet Kultur ja auch politische Aushandlungsräume.
Also, es ist wieder Wahlsaison. An den Laternen und Kandelabern halten sich Grossratskanditat*innen fest und machen jede graue Überlandstrasse vorübergehend zu einer Allee der allgemeinen Freundlichkeit. Die Parade des Lachens hat in dieser Dichte etwas Unheimliches. Vielleicht befürchtet mensch insgeheim die Kehrseite der Pappkartons: Die Lebenslustigkeit findet ja nur unter gewissen politischen Vorzeichen statt. Das Lachen des einen hört dort auf, wo das des anderen anfängt.
Wenn man an Europa denkt, werden diese Kehrseiten gar noch deutlicher. Demokratische Prozesse können Extreme hervorbringen. AFD, Rassemblement National, Fratelli d’Italia und Konsorten – es wird auf eine Seite hin gebissen und gebellt, zur anderen geschwänzelt und getänzelt, eben schönwettergelacht. Umso wichtiger ist es, auf die Grundlagen der Demokratie zu insistieren. Denn Demokratie ist kein Naturzustand, ist nicht einfach die Abwesenheit einer Diktatur, sondern ein gesellschaftliches Gut, das durchaus Bedingungen hat, die erodieren können. Vor allem, wenn eigennützige «Teufel mit Privatgesinnungen» (Kant) im Hintergrund am Werk sind – die Interessen von Milliardär*innen wie Twitterfuchs Musk und Co., aber nicht nur.
Bildung, Service Public, eine funktionierende Medienlandschaft und eine florierende Kulturszene sind Bedingungen, damit Demokratie leben kann. Ironischerweise sind diese Dinge in letzter Zeit etwas unter Druck gekommen. Lehrpersonenmangel, Spar- initiativen, Titelkonsolidierung und Entlassungen bei den Verlagen, stagnierende Kulturausgaben bei anhaltender Teuerung. Parallel zu dieser Grosswetterlage ist die Anzahl Grossratskandidat*innen heuer wieder auf einem hohen Niveau (1023 Be- werber*innen). Um so wichtiger sind also Debatten, um den Überblick über Positionen und Themen zu behalten.
Für einmal hat sich das AAKU ins politische Gebiet vorgewagt und die drei aussichtsreichsten Kanditat*innen für den freiwerdenden Sitz von Regierungsrat und Vorsteher des Departements Bildung, Kultur und Sport Alex Hürzeler an einen Tisch geholt. Gemeinsam mit dem Aargauischen Kulturverband (AGKV) wollten wir von Ruth Müri, Martina Bircher und Beat Flach wissen, wie denn ihre Kulturpolitik im Falle einer Wahl aussehen würde. Wir stellten fest, dass unter ihnen etwa ganz unter- schiedliche Auffassungen von Kulturförderung bestehen. Es wurde ein sehr interessantes Gespräch, bei dem Sie hier mitlesen können.
Kultur und Demokratie stehen sich nahe, das eine erwächst aus dem anderen, wechselseitig. Beiden müssen wir Sorge tragen. Daher sei an dieser Stelle allen gedankt, die sich mit ihrer Kandidatur in die politische Arena wagen und ihrer Alchemie zumuten, das geeignete Wetter für das Gedeihen der öffentlichen Güter herstellen zu können.