Die Kaiserbühne lässt in ihrer neuen Eigenproduktion den Streit um den Schatten eines Esels nach allen Regeln der Kunst eskalieren.
Die Liste der Hörspiele von Friedrich Dürrenmatt ist lang, sehr lang sogar. Etliche basieren auf Theaterstücken oder Erzählungen wie «Der Besuch der Alten Dame» oder «Die Panne». Begonnen hat der berühmte Schweizer aber mit dem tatsächlich als Hörspiel konzipierten Stück «Der Prozess um des Esels Schatten», das am 5. April 1951 bei Radio Bern ausgestrahlt wurde.
Die Kaiserbühne geht nun den umgekehrten Weg. Sie verwandelt den Hörspieltext in ein Theaterstück, das Mathias Ott eingerichtet hat und auch selbst inszeniert. Wahrlich ein mutiger Schritt, Dürrenmatts sprach- und bildgewaltiges Hörspiel auf eine Kleinbühne zu bringen. Doch Ott ist ein vielseitiger Künstler, der Schauspiel und Ausdruckstanz beherrscht und Stücke arrangieren kann.
Dürrenmatts Hörspiel ist aktueller denn je. Auf einer Reise zu einem Patienten will sich Zahnarzt Struthion, der dafür einen Esel gemietet hat, in den Schatten des Tieres setzen, um sich auszuruhen. Doch der Eselbesitzer verweigert dies, weil der Schatten nicht mitgemietet sei. Zurück in der Stadt, soll ein Richter entscheiden, doch stattdessen machen die zwei angeheuerten Advokaten die Auseinandersetzung zum öffentlichen Politikum. Das Gezerre zwischen den Parteien endet, typisch für Dürrenmatt, in der Katastrophe.
Der Plot ist eine Steilvorlage für Irrwitziges und Groteskes, nach dem Motto «Die Welt ist aus den Fugen». Vermittelt wird diese Botschaft auf der Bühne von Vera Héritier, Ailin Nolmans, Mathias Ott und Julian Vonesch. Mit von der Partie ist der Musiker David Hohl, der sich als Film-, Theater- und Musical-Komponist einen Namen gemacht hat.