Das offene Objekt

Emanzipation durch die Fruchtpresse gedrückt

Von
Rudolf Velhagen

Triggerwarnung für alle progressiven Feminist*innen: Derzeit wird unter dem Begriff Tradwifes ein etwas gar anachronistisches Rollenverständnis ausgegraben. «Eine Frau hat nur zwei Lebensfragen: Was soll ich anziehen? Und was soll ich kochen?» Wie in einer Dr.-Oetker-Werbung der 1950er-Jahre zeigen die sogenannten Tradwives in den sozialen Medien, wie sie ihr alltägliches Leben als «traditionelle Ehefrau» (engl. Traditional Wife) zelebrieren. Die Tradwife- Bewegung präsentiert sich dabei als Rückkehr zur Entschleunigung und Natürlichkeit. Anstatt zwischen den Polen Beruf und Familie zu jonglieren, finden die Tradwives in ihrem Dasein als Fulltime-Hausfrau Erfüllung. Die Tradwives sehen sich dabei als Vollendung eines Feminismus, der alle weiblichen Lebensläufe auf einen Nenner zu bringen versucht. Auch gegenüber der Maschinierung möchten Tradwives ihre Selbstbestimmung behaupten: Es werden nur unverarbeitete Lebensmittel eingekauft und jede Mahlzeit wird mit einfachen Küchenutensilien zubereitet. Nicht nur, dass die vermeintliche Rückkehr zur Natürlichkeit dabei mit hochmodernen Smartphones perfekt gefilmt wird, scheint dabei vergessen zu gehen ...

Rudolf Velhagen, Chefkurator bei Museum Aargau, er kundet an dieser Stelle die verborgenen Botschaften der Dinge. Nicht weniger als 55 000 historische Objekte aus der kantonalen Samm lung warten auf ihre Befragung.

Traditionelle Hausfrauen trenden seit einigen Jahren als «Tradwives» in den sozialen Medien. Was von vielen als Backlash betrachtet wird, ist für sie ein Akt der Emanzipation. Fruchtpresse INCA, 1959, Sammlung Museum Aargau, Inv.-Nr. K-19079