Sie alle kennen bestimmt die Muppet Show noch von früher. Diese filzigen Monster, die uns in ihrer teils boshaften, teils naiven Art durch ihre Inkompetenz und ihre schrägen, irrationalen Schlüsse zum Lachen brachten. Klar, manche dürften schon damals spekuliert haben, dass diese Sketches eine Persiflage auf den Menschen selbst sein könnten, aber niemand hat wohl jemals vorausgesehen, dass das politische Weltkabarett diese harmlosen Fiktionen, was ihren Wahnsinn betrifft, einholen könnte. Nun, die Muppet Show hat die Bühne gewechselt und ist definitiv nicht mehr lustig.
Jetzt halten die orangen Filzmonster moralische Zeigefinger hoch, in einem Plot, der an sich gar keine Moral vorsieht. Vorwürfe in alle Himmelsrichtungen, alle sind falsch unterwegs, nur die Chef-Muppets selbst nicht. Dann heisst es, Hatespeech sei Ausdruck der Redefreiheit, karitative Gesellschaften seien Geldwäschemaschinen, abweichende begründete Meinungen sind Fake News, Massnahmen zum Schutz der Demokratie seien Ausdruck totalitärer Züge. Gerade die demokratiefeindlichsten Kräfte wollen uns weismachen, dass sie die Demokratie retten. In diesem Common Sense der Muppets hat es nicht mal mehr Platz für die internationalen Menschenrechte.
Den Arenen der öffentlichen Meinungsbildung – X und Meta – solle es auch in Europa erlaubt sein, ihre Schleusen der braunen Sosse zu öffnen. Das heisst, ohne Richtigkeitsprüfung könnten jeder und jede Gerüchte in die Welt setzen, ohne rechtliche Konsequenzen zu fürchten. Sind Gerüchte einmal draussen, vergisst sie das Internet nie, und die KI hält sie bald für Wahrheiten. Die Milliardäre wollen uns ohne Sicherheitsgurte und Leitplanken auf nächtliche Talfahrt schicken. Wer jemals in die einschlägigen Schlünde geblickt hat, kann ahnen, was es heisst, wenn dort auch noch die letzten zivilisatorischen Schranken fallen. Die Scheunentore stehen jetzt schon ziemlich offen.
Ohren auf Durchzug stellen und hoffen, dass am Ende alles gut geht? Sich am Nahraum orientieren und versuchen, dort etwas zu bewirken, wo man kann? Wie auch immer, die Beispiele der entfesselten Muppet Show zeigen deutlich, dass wir einmal mehr auf Kultur angewiesen sind. Auf eine freie, subventionierte Kulturszene (in meinen Augen in einer Demokratie kein Widerspruch), die Räume bietet, um klassenunabhängige Gemeinschaftserlebnisse zu erfahren, um Grundsätzliches zu verhandeln, die mit verschiedenen Kunstformen den gesellschaftliche Ängsten eine Katharsis erlaubt, die uns lachen und von einer sorgenfreien Zukunft fantasieren lässt. Ohne Oligarchen, deren Hunger und Ignoranz das Mass einer geopolitischen Bedrohung angenommen hat. Solche Räume sind zu schützen, und allen gebührt an dieser Stelle ein grosses Dankeschön, die diese flüchtigen Momente der Gemeinschaft schaffen: den Musiker*innen, den Schauspieler*innen, den Künstler*innen und nicht zuletzt den Beizer*innen sowie den Veranstaltenden mit den vielen ehrenamtlich Engagierten.
Lassen wir uns nicht für blöd verkaufen – vielleicht wäre das auch ein Slogan, den die grosse Peaches unterschreiben würde. Die Pop-Ikone gibt im Film «Teaches of Peaches» ein paar wunderbare Inspirationen für Ungehorsam, Eigensinnigkeit und Solidarität. In diesem Sinne: Wir brauchen hoffentlich keine neuen Panzersperren, sondern können die Kriegsrelikte, wie das Projekt «Vergangenheit im Vorgarten» im Forum Schlossplatz zeigt, uns kulturell aneignen.