Kulturförderung

Geld ist Zeit für das künstlerische Werk

Von
Kuratorium

Nicole Frei.

Das Aargauer Kuratorium unterstützt mit Werk-, Förder- oder Lektoratsbeiträgen sowie Atelieraufenthalten jedes Jahr herausragende Aargauer Kunstschaffende und ermöglicht ihnen damit, sich vertieft mit ihrer künstlerischen Arbeit auseinanderzusetzen oder Ideen weiterzuentwickeln. Das AAKU stellt in Zusammenarbeit mit dem Aargauer Kuratorium vier der im letzten Jahr Geförderten vor.

Der eigene Weg als Methode

Nicole Frei (*1989, Zürich) arbeitet freiberuflich als Bühnen- und Kostümbildnerin und versteht sich als künstlerische Forscherin. In ihren Arbeiten verwendet sie nicht mehr benötigte Kleidungsstücke und Reststoffe, die sie mit textilen Handwerkstechniken weiterverarbeitet. Als chronisch kranke Person mit Long Covid, identifiziert sie sich mit der Disability/Chronic Illness Community. Sie möchte sich intensiv mit der Arbeitstechnik «Cripping» auseinandersetzen, einer Praxis, die normierte Verfahren in künstlerischen Disziplinen hinterfragt, durchbricht und den eigenen Zugangsbedürfnissen anpasst. So wird der gestalterische Arbeitsprozess mit der eigenen Einschränkung zur situativ akzeptierten künstlerischen Methode. Nicole Freis Engagement wird mit einem Förderbeitrag von CHF 10'000 vom Aargauer Kuratoriums ausgezeichnet.

Béatrice Goetz, Juryvorsitz Theater & Tanz

Yang Jing

Farbenreiche Klanglichkeit

Yang Jing (*1963, Aarburg) lebt und wirkt seit vielen Jahren in Aarburg, ihrer neuen Heimat. Als Pipa-Spielerin und Komponistin baut sie musikalische Brücken: zwischen den Zeiten, zwischen den Kulturen und zwischen den Genres. Ihre reiche Musikalität kommt nicht nur im perfekt ausbalancierten Pipa-Klang zum Ausdruck, in ihren Kompositionen überrascht sie immer wieder mit einer farbenreichen Klanglichkeit, die durch besondere Instrumentierungen entsteht. Als Herzensprojekt möchte sich die Künstlerin nun an eine Oper mit einem historischen und schweizerischen Grundthema wagen, die dann gleichsam als Gesamtkunstwerk zur Aufführung gelangen soll. Mit der abendfüllenden Oper «Katharina» will sie nicht nur eine breite Palette von Emotionen zum Ausdruck bringen, sondern auch die tief in ihr verankerte Sehnsucht nach Gleichheit und Freiheit. Das Aargauer Kuratorium unterstützt Yang Jing gerne mit einem Förderbeitrag in der Höhe von CHF 10'000 auf ihrem künstlerischen Weg.

Markus J. Frey, Juryvorsitz Musik

Alex Herzog

Materialität der Engadiner Berglandschaft

Alex Herzog (*1958, Zürich) untersucht in einer aktuellen Werkgruppe die Materialität der Bausubstanz von Gebäuden. In einem kreativen Prozess bearbeitet er diese Materialien fast bis zur Auflösung und versucht so, deren Essenz wahrnehmbar zu machen. Auf Papierbögen trägt er das zerstossene Material auf. Der Künstler möchte dieses Vorgehen in die Berglandschaft des Engadins transferieren: Das Konzept soll geöffnet, die Täler und Berge erforscht und untersucht werden. Das Atelier in Nairs ist ein idealer Ausgangspunkt für diese Neuausrichtung und inhaltliche Verschiebung der künstlerischen Absicht. Der Fachausschuss möchte die Weiterentwicklung ästhetischer Zugänge fördern und unterstützt Alex Herzog mit einem fünfmonatigen Atelieraufenthalt in Nairs und CHF 7'500 Lebenshaltungskosten.

Paolo Bianchi, Juryvorsitz Bildende Kunst & Performance

Marc Nieder

Über Schuld und Verantwortung

Am Anfang von Marc Nieders (*1996, Biel) erstem Romanprojekt «Während draussen die Schatten» steht ein schreckliches Ereignis. An einer Afterparty stürzt Lu, die beste Freundin des Ich-Erzählers, unter dem Einfluss von Drogen, die er ihr verabreicht hat, die Treppe hinunter. Schnell ist klar, dass sie nie mehr wird laufen können. Während der Ich-Erzähler im Krankenhaus neben ihr darauf wartet, dass Lu die Augen öffnet, erinnert er sich an die gemeinsame Kindheit.
Nieder besitzt die grosse Gabe mit seinem Erzählen einen Sog entstehen zu lassen, der an keiner Stelle abreisst. In einer nicht gesuchten, formvollendeten Sprache reflektiert er über die klebrigen Kategorien Herkunft und Milieu, über Schuld und Verantwortung und erzählt uns auf höchst berührende Weise, was es heisst, wenn sich ein Mensch nicht mit dem Schicksal abfinden kann, in dem er sich wiederfindet. Dieses Romanprojekt hat den Werkbeitrag des Aargauer Kuratoriums in der Höhe von CHF 30'000 verdient.

Salomé Meier, externe Expertin Jury Literatur