Lesetipp für den März

Von
Team Buchhandlung Librium

Schrieb einen eindrücklichen Roman über Familienbande: Nathalie Schmid.

Von Familienbanden und der Freude des Erzählens.

Familienbande

Die Aargauer Schriftstellerin Nathalie Schmid, legt nach drei Lyrikbänden mit «Lass es gut sein» ihren Debütroman vor. Die Protagonistin Larissa hadert mit ihrer Rolle als Mutter, zweifelt, in der Mitte des Lebens, ob sie zufrieden sein kann damit, wer sie geworden ist.

Erinnerte Szenen aus der Kindheit und Gespräche mit Ihrer Familie ergeben ein psychologisch fein gestricktes Porträt, das sich sachte zu einem ganzen Leben entfaltet.

Wie sehr wird man geprägt durch die Herkunft, die Eltern, die Rollen, die einem von der Familie und von der Gesellschaft zugeschrieben werden? Und wie würden wahre Freiheit und Selbstbestimmung aussehen? Gebannt folgt man der Hauptfigur Larissa, wie sie versucht das Beziehungsgewebe, das sie umgibt zu verstehen und zu ordnen. Mutig und zugleich verletzlich beginnt sie ihr Leben neu auszurichten.  Ein eindrücklicher Roman über Familienbande, über Lebensentwürfe und gesellschaftliche Zwänge, der ein fragiles Psychogramm zeichnet. Nathalie Schmid, geboren 1974 in Aarau, studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und arbeitet als Schriftstellerin und Erwachsenenbildnerin. Sie lebt in Freienwil.

Laurin Jäggi

Nathalie Schmid. Lass es gut sein. Geparden Verlag 2023.

Trauerarbeit

Helene, Mutter von drei Kindern, stürzt sich eines Abends ohne ein weiteres Wort vom Balkon. Zurück bleiben Sara, ihre beste Freundin aus Kindertagen, und ihre halbwüchsige Tochter Lola.

Sara versucht die Lücke, die Helene in ihrer Familie hinterlassen hat, mit Fürsorglichkeit und Aufopferung zu schliessen und nimmt kurzerhand Helenes Platz ein. Das chaotische Familienleben, das trotz dem Tod der Mutter irgendwie weitergehen muss, fordert Sarah bis zum Äussersten und lässt sie beinahe daran zerbrechen. Die Trauer um die Freundin, ihr eigenes, irgendwie unfertiges Leben mit den wechselnden Liebhabern und die Reibereien mit der pubertierenden Lola verlangen Sarah Einiges ab.

Lola ihrerseits versucht, mit ihren Emotionen fertigzuwerden, indem sie beginnt, Kampfsport zu trainieren. Dort in der neuen, dynamischen Frauengruppe, lernt sie ihre Wut herauszuboxen, die Trauer um die Mutter langsam zuzulassen und das Erlebte zu verarbeiten.

Mareike Fallwickl verwebt die beiden Schicksale zu einem bewegenden, kämpferischen Roman darüber, was es heisst, in unserer Gesellschaft Frau zu sein.

Doris Widmer

Mareike Fallwickl. Die Wut die bleibt. Rowohlt 2022

Freude des Erzählens

Als 2005 der Deutsche Buchpreis zum ersten Mal vergeben wurde, war Arno Geiger mit dem Roman «Es geht uns gut» der erste Preisträger und bekam viel Aufmerksamkeit. Zwanzig Jahre später schildert Geiger in seinem neuen Werk «Das glückliche Geheimnis» seinen eigenen Werdegang zum Schriftsteller. Der Text ist in Form einer Beichte geschrieben, erzählt Geiger uns doch tatsächlich ein lange gehütetes Geheimnis. Natürlich soll dieses hier nicht verraten werden – die Überraschung gehört den Lesenden. «Das Verschweigen von etwas kann Freude bereiten. Aber auch das Erzählen kann Freude bereiten. Nachdem ich so lange die Freude des Verschweigens ausgekostet habe, nehme ich mir jetzt die Freiheit des Erzählens», so Geiger. Interessant könnte es sein, vor dem Hintergrund des aktuellen Buches, nochmals «Alles über Sally» zu lesen. Denn nach dem Werdegang eines Autors ist das zweite grosse Thema seines neuesten Buches der lange Weg der Liebe eines Paares.

Susann Jäggi

Arno Geiger. Das glückliche Geheimnis. Hanser 2023.