Kulturförderung

Nährstoffe für junge Kunst- und Kulturschaffende

Von
Tania Lienhard

Tanztheater «Zainab die Wüstenblume» vom Kollektiv «Tell a Story» unter der Leitung von Lea Nardon.

Die Aargauer Förderinstitution Kulturdünger ist eine wichtige Unterstützung für junge Kulturschaffende auf ihrem Weg als Künstler*in. Nährstoffe für junge Kunst- und Kulturschaffende.

Kulturdünger hat Grund zum Feiern: Seit nun schon 35 Jahren unterstützt die Förderinstanz junge Kulturschaffende aus dem Aargau mit finanzieller Starthilfe. Dabei haben es einige der betreuten Personen und Projekte seit Bestehen des Gefässes zu einer beachtlichen Bekanntheit geschafft: Alain Gsponer erhielt für seinen Animationsfilm «Heidi» Geld, er war dann in der Folge auch 2015 Regisseur des gleichnamigen Kinofilms. Das Open Air in Gränichen profitierte in seinen Anfängen ebenfalls von Kulturdünger. Des Weiteren erhielten zum Beispiel die Journalistin Miriam Suter Finanzhilfe für ihr «Moustache-Magazin» und der Autor Lukas Gloor für das narrativistische Literaturmagazin «das Narr». Allerdings liegt der Fokus der Förderstelle keineswegs darauf, wie viele Erfolgschancen die Projekte mit sich bringen. «Unser Ziel ist es, junge Kulturschaffende zu unterstützen, bei denen wir ein grosses Engagement für ihre Sache feststellen können. Wer sich so richtig reinhängt und unsere sonstigen Kriterien erfüllt, hat gute Chancen», so die Projektleiterin Alexandra Siebert. Wichtigste Kriterien für Kulturschaffende, die gerne eine Anschubfinanzierung von maximal 5000 Franken erhalten möchten, seien der Bezug zum Kanton Aargau und die Altersgrenze von unter 26. «Viermal im Jahr trifft sich die siebenköpfige Fachgruppe und berät über die eingereichten Dossiers», erzählt Alexandra Siebert, die selbst nicht zu dieser Gruppe gehört. Immer wieder ist die Grafikerin, die aktuell ein Masterstudium Animation absolviert, beeindruckt von den Projekten: «Da sind so tolle Arbeiten und Ideen dabei! Am meisten faszinieren mich jeweils junge Menschen, die mit ihrer Kunst ihr Innerstes nach aussen kehren. Das braucht Mut.»

2009 verschob Kulturdünger seinen Sitz ins Kiff Aarau. Ursprünglich vom Kanton Aargau als «Aargauer Ideentopf» 1989 ins Leben gerufen und ansässig im Stapferhaus Lenz burg, finanziert sich die Förderstruktur seit jeher vor allem über kantonale Gelder. «Wir wissen, dass wir dem Kanton am Herzen liegen», sagt Alexandra Siebert, und ergänzt: «Das ist schön! Auch wenn wir im Moment noch nicht genau sagen können, wie die Finanzierung in Zukunft aussieht. Wir durchlaufen momentan einen strukturellen Wandlungspro zess, bei dem uns der Kanton jedoch zur Seite steht.» Sie freue sich über die Unterstützung des Kantons, eine gute Lösung zu finden und sie sei zuversichtlich, auch wenn ihr Ziel, dieses Jahr wiederum 80000 Franken verteilen zu dürfen, viel leicht nicht erreicht werde. Alexandra Siebert schaut aber vorerst auf den 8. Mai, wenn im Oxil in Zofingen das Jubiläum mit einem Tanztheater gefeiert wird. Bei diesem Anlass fällt auch der Startschuss einer Neuerung: «Wir möchten ein niederschwelliges Fördergefäss lancieren, mit dem quasi sofort 350 Franken für kurzfristige Projekte gesprochen werden können. Wir leiten im Mai die Probephase ein.» Sinnigerweise soll das Gefäss Turbodünger heissen.

Ein Pflänzchen namens Narr

Lukas Gloor, Autor und Mitgründer des Literaturmagazins Narr (*1985, bei Baden, lebt in Olten)

«Kulturdünger hat 2010 die erste Ausgabe des Narr Literaturmagazin ermöglicht, das ich, frisch an der Uni, mit René Frauchiger und Daniel Kissling gegründet habe. Dass ein Literaturmagazin etwas kosten würde, war auch uns Anfängern klar: die Leute schreiben zwar gratis, aber sie drucken nicht gratis und Papier kostet auch etwas. Wir gingen noch knapp als Jugend durch und stellten beim Kulturdünger einen Antrag für das geplante narrati vistische Literaturmagazin und waren, als der positive Bescheid in einem höchst offiziellen Couvert hereinflatterte, glücklich, über rascht und unter Druck gesetzt: Jetzt musste aus den stunden langen Diskussionen bei Bier und Zigaretten auch ein Pflänzchen keimen, das unser Scherflein Dung der Aargauer Kulturförderung rechtfertigen würde. Es war nachhaltig: Das Narr gibt es noch immer, bald erscheint die vierzigste Ausgabe, herausgegeben von einem jungen Team, und es ist kein Ende in Sicht.»

Untergrund-Heidi

Alain Gsponer, Fimregisseur (*1976, aufgewachsen in Schinz nach Bad, lebt in Berlin)

Einer der erfolgreichsten Schweizer Filme ist die Neu adaption von Heidi (2015). Hinter dem Film mit Bruno Ganz steht der Regisseur Alain Gsponer. Der Aargauer hatte als 22-jähriger Filmstudent vom Ideentopf, wie der Kulturdünger damals hiess, zweimal Förderbei träge erhalten. Ironischerweise just für den Stoff, der später selbst seine erfolgreichen Martin-Su ter-Verfilmungen (Lila-lila, der letzte Weynfeldt) übertreffen würde: Heidi. Der junge Gsponer arbeitete sich mit einem Animationsfilm humoristisch am Nationalmythos ab (Heidi verspeiste etwa den Geissenpeter). «Für mich waren diese Förderbeiträge ökonomisch sehr wichtig. Ich hätte die Filme sonst schlicht nicht realisieren können.» Zudem seien sie auch eine Art der Bestätigung gewesen: «Als unbekannter, verunsicherter Filmstudent erfuhr ich durch die Förderung Anerkennung für mein Schaffen; bis dahin wurde ich nie finanziell gefördert», sagt Gsponer. mh

Eliane Bertischi

Bestätigung für den Weg

Eliane Bertschi, Film- und Performancekünstlerin (*1990, aus Aarau, lebt in Zürich)

«Im Alter von 17 Jahren hat der Kulturdünger mir und meinen Freund*innen ermöglicht, u.a. mit «Wash & Clean» und «Schattenzug» unsere ersten Theaterprojekte umzusetzen. Wir konnten uns durch die finanzielle Förderung einen Proberaum mieten, Materialien anschaffen und letztlich auch mit Stücken touren. Es war schön zu erfahren, dass wir unabhängig von der Schule als Kollektiv etwas auf die Beine stellen konnten. Der Kulturdünger bestätigte mich darin, den eigenen künstlerischen Weg zu gehen. Er hatte auch Einfluss auf meine Berufs- und Studienwahl. Junge kunstschaffende Menschen haben nur zum Teil finanzielle Ressourcen – durch den Kulturdünger wird das Feld für viele zugänglicher gemacht. Sie können dadurch erste Gehversuche wagen und ihrer künstlerischen Intuition folgen.»

JUBILÄUMSFEIER

Im Rahmen des Jubiläums werden zwei von Kulturdünger geförderte Projekte aus den Sparten Tanz und Theater von Lea Nardon («Zainab») und Elisa Bruder («Deterministisches Chaos») präsentiert.

ZOFINGEN Oxil, Mi, 8. Mai, 19.30 Uhr