Das Aargauer Kuratorium unterstützt mit Werk-, Förder- oder Lektoratsbeiträgen sowie Atelieraufenthalten jedes Jahr herausragende Aargauer Kunstschaffende und ermöglicht ihnen damit, sich vertieft mit ihrer künstlerischen Arbeit auseinanderzusetzen oder Ideen weiterzuentwickeln. Das AAKU stellt in Zusammenarbeit mit dem Aargauer Kuratorium vier der dieses Jahr Geförderten vor.
Die ausgebildete Fotografin Kezia Zurbrügg (*1993, Luzern) schloss 2017 den Studiengang Video an der Hochschule Luzern ab. Sie arbeitet seitdem kontinuierlich als Regisseurin, Kamerafrau und neu auch als Produzentin an diversen Kurzfilmen, die an nationalen wie internationalen Festivals gezeigt werden. Sie überzeugt die Jury mit einer herausragenden Bildsprache, gut ausgearbeiteten Dossiers, die ihren Arbeitsprozess stringent beschreiben sowie mit grosser Empathie für ihre Sujets: «Leavers» zeigt den Moment des Brexit aus der Perspektive von Menschen in Dover, «In Guten Händen» portraitiert Menschen bei dem Versuch, der zunehmenden Vereinsamung entgegenzuwirken. Der mit Unterstützung des Aargauer Kuratoriums entstehende Film «Post Mortem» beschäftigt sich mit der Organisation rund um den Tod und professioneller Empathie. Das Kuratorium möchte Kezia Zurbrügg bei der weiteren Entwicklung ihrer filmischen Handschrift und der Auseinandersetzung mit formalen wie inhaltlichen Fragen mit einem Werkbeitrag von 30 000 Franken unterstützen.
Sonja Kilbertus, Juryvorsitz Film
Thomas «Joke» Lanz (*1965, Berlin) macht nichts so, wie es andere machen. Und nicht mal vor sich selbst macht er dabei Halt. Auf diese Weise ist er seit Jahrzehnten frei von Konventionen und immer wieder zeitgemäss. Mit seinem neuen Werk «Gespräche mit meiner Mutter» will er die Erzählungen und Erinnerungen seiner kürzlich
verstorbenen Mutter festhalten und aufleben lassen. Interviews sollen hierfür mit einem klanglichen Kleid überzogen werden. Klänge und Geräusche dienen als Referenzpunkte für ein Leben, in welchem Jugend und Lebensabend verknüpft werden und das durch einsetzende Demenz und Verlust der Selbstständigkeit erschwert wurde. Es sollen hörspielartige Stücke entstehen, die mit Fragmenten aus Briefen, Gedichten und Tagebüchern narrativ und mit Fotos und Notizen visuell angereichert werden. Im Beziehungsgeflecht der drei Themen Mutter, Tod und Familie rückt Lanz sich und seine Existenz ins Zentrum, was ein spannendes und sehr persönliches Resultat verspricht. Deshalb unterstützt das Aargauer Kuratorium Lanz’ unermüdliches Schaffen mit einem Werkbeitrag von 30 000 Franken.
Oliver Miescher, Co-Juryvorsitz Musik
Das Leben spielt Schicksal. Wer sonst, ist man geneigt zu fragen. Aber es ist nun einmal keine griechische Schicksalsgöttin, die über Handlung und Fortgang in Silvio Blatters (*1946, Nesselnbach) so eindringlichen wie packenden Erzählungen herrscht. Es ist das Leben selbst. Silvio Blatter führt uns mit seinen Erzählungen immer wieder an Wendepunkte im Leben der Figuren, er variiert das Erzähltempo meisterhaft, lässt dabei Zeitsprünge zu, erzählt einmal analytisch, also von hinten nach vorn, dann wieder chronologisch, Schritt für Schritt, bis sich oftmals diese Wellen der Zeit über einem Schicksalsschlag brechen; sei es der Tod der Ehefrau oder ihr Hund, der nun weiter betreut werden will und im Ehebett auf der Seite der toten Gebieterin schläft; sei es die Frau, die ihren 40. Geburtstag in Griechenland feiern will und dabei von den Waldbränden aus der Bahn geworfen wird – und dadurch in ein neues Leben. Silvio Blatter lotet das Leben mit dem Instrument seiner prägnant und inspiriert gezeichneten Figuren aus, er gibt ihnen einen Bios, wie die alten Griechen sagten, während das blosse Leben, das ungerichtete Vegetieren und Verharren, Zoe genannt wurde. Diese Figuren versuchen in ihrem Bios aber nicht, wie in der griechischen Tragödie, ihr Schicksal zu zwingen. Es wird ihnen mitgespielt – so wie jedem von uns. Mehr davon, Silvio Blatter! Das Kuratorium unterstützt sein Schaffen mit einem Werkbeitrag von 20 000 Franken.
Dana Grigorcea, externe Expertin Jury Literatur
Die Künstlerin Manu Meier (*1984) hat für ihren gewünschten Aufenthalt im Atelier in London den spannenden Projektansatz einer akustischen Ökologie gewählt. Sie wird sich auf die Suche nach klangakustischen Merkmalen der Metropole machen. Deren Umsetzung wird bestimmt Überraschungen offenhalten. In ihrer aktuellen Arbeit befasst sie sich mit der Veränderung unserer zukünftigen Klanglandschaft. Die Künstlerin geht davon aus, dass die Biodiversität sowie die fortschreitende Implementierung von Automatisierung oder trainierten Algorithmen für unser Leben einen prägenden Faktor bilden werden. Der Fachausschuss Bildende Kunst & Performance würdigt diesen künstlerischen Ansatz und spricht Manu Meier einen sechsmonatigen Atelieraufenthalt und einen Beitrag an die Lebenskosten von 18 000 Franken zu, um in London ihre künstlerische Forschung voranzutreiben und zu vertiefen.
Paolo Bianchi, Vorsitzender Fachbereich Bildende Kunst & Performance
AARGAUER KURATORIUM
Das Aargauer Kuratorium vergibt einmal jährlich an Kunstschaffende aus allen Sparten Werk-, Förder- und Lektoratsbeiträge sowie Atelierplätze in Nairs, London, Paris und Berlin. Im Jahr 2023 haben bis anhin 22 Kunstschaffende eine solche Unterstützung zugesprochen bekommen. Die Werk- und Förderbeiträge in der Bildenden Kunst werden am 1.Dezember anlässlich der Vernissage zur Jahresausstellung «Auswahl ’23» folgen. Das Aargauer Kuratorium ehrt die geförderten Künstlerinnen und Künstler auf einer eigens angelegten Website, welche sich in den letzten Jahren zu einem beliebten Schaufenster entwickelt hat: 2023.jurierungen.aargauerkuratorium.ch