Die Zürcher Singer-Songwriterinnen Steiner & Madlaina sprechen im Interview über ihre neuen Lieder, das «Rockstar-Leben» und die Katerstimmung angesichts der Weltlage. Im April sind die beiden im Royal Baden zu Gast.
Madlaina Pollina: Ursprünglich war es so gedacht, dass … Ich muss noch etwas weiter ausholen. Wir hatten vor einem Jahr ein Album zu schreiben begonnen, bevor wir auf der Tournee im Duo im Vorprogramm von Element of Crime auf eine andere Idee kamen.
Nora Steiner: Die Konzerte erinnerten uns an unsere Anfänge, als wir noch jung waren und ohne Band auftraten. Die Herausforderung lag darin, unsere Lieder so auszuwählen oder zu reduzieren, was wir allein spielen können. Dabei bekamen wir Lust, ein Album mit Duo-Songs zu machen.
Madlaina: Da wir die vorher entstandenen tanzbaren Indiepop-Songs nicht bis zur Tournee mit Band, die im Sommer beginnt, auf Eis legen wollten, beschlossen wir, sie auf einer EP zu veröffentlichen.
Nora: Es ist kompliziert, aber die Leute kriegen jetzt vor allem Lieder vom kommenden, aber noch nicht ganz fertigen Album zu hören.
Nora: Es ist faszinierend, dass sich die Lieder jeden Abend von einer anderen Seite zeigen, je nach Publikum.
Madlaina: Konzerte sind der schönste und ehrlichste Austausch mit dem Publikum. Deshalb haben wir dazu passende kleine Clubs ausgesucht, in denen 100 oder höchsten 300 Leute Platz haben. Das Feedback, das wir dort bekommen, sagt viel mehr aus als Daumen rauf und Daumen runter.
Madlaina: Wir lassen es manchmal schleifen, weil es so viel Arbeit ist und uns keinen Spass macht. Wenn man sich zu Sachen zwingt, merken es die Fans sowieso. Wir nehmen uns lieber Zeit für unseren Auftritt im Internet. Diese Sachen funktionieren auch.
Nora: Nein, mit gefällt es immer noch, in Hotels zu schlafen. Ausserdem haben wir viele Freunde in unserer Road-Crew. Da müssen wir eher aufpassen, dass wir es mit ihnen nach den Konzerten nicht zu lustig haben und rechtzeitig ins Bett kommen!
Madlaina: Ich höre in diesem Jahr auf zu rauchen. Ich habe mir das versprochen und will mich nicht enttäuschen. Ich rauche schon viel weniger.
Nora: Wir lieben diese Art von Genussmitteln, aber es geht auch ohne sie. Das ist das Wichtigste. Aber zur Party im Hochsommer, bei der das Foto entstanden ist, haben sie gepasst.
Madlaina: Ich hatte meine Liebsten für vier Tage in eine Villa in Italien eingeladen, um meinen 30. Geburtstag zu feiern. Das klingt dekadent, und ich werde es mir auch so schnell nicht mehr leisten können. Ich kam mir damals vor, als würde ich heiraten, wir haben aber vor allem viel gesungen und gelacht.
Nora: Wir würzen unsere Songs gerne mit einer Prise Ironie und freuen uns, wenn es zwischendurch wahrgenommen wird …
Madlaina: Was ich sicher von ihm gelernt habe, ist, dass es wichtig ist, sie in der Musik zu verarbeiten. Meine Eltern wollten von mir und meinem Bruder Julian (besser bekannt als Faber) schon sehr früh wissen, wie wir darüber denken, was auf der Welt passiert.
Nora: Da meine Mutter Griechin ist und nicht gut Deutsch konnte, als sie aus Liebe zu meinem Vater in die Schweiz kam, sprachen wir auch über gewisse Formen von Rassismus, mit denen sie konfrontiert war. Ich weiss nicht, wie das bei dir war.
Madlaina: Mein Vater ist Italiener, das ist akzeptiert.
Nora: Wir haben immer hauptsächlich auf Hochdeutsch geschrieben, weil wir das von Vorbildern wie Element Of Crime oder Sophie Hunger kannten und bei uns fast nur auf Hochdeutsch gelesen wird.
Madlaina: Mundartpoesie kenne ich, abgesehen von Pedro Lenz, nicht und bin auch in den Textnachrichten nicht jugendsprachlich auf Schweizerdeutsch unterwegs. Ein ganzes Album in Mundart zu machen, wäre für uns schwierig, aber einen Song gibt es diesmal wieder.
Nora: Anfangs schon, aber den Feinschliff geben wir ihnen gemeinsam.
Madlaina: Nora lebt in Zürich, ich habe mich in Wien verliebt und bin dortgeblieben, komme aber wegen ihr und der Band immer wieder in die Schweiz.
Madlaina: Kürzlich las ich in einem Ranking, dass dies die beiden lebenswertesten Städte der Welt wären, wobei man sich die Lebensqualität in Wien auch leisten kann (lacht). Als ich eine Wohnung suchte, habe ich sogar eine abgelehnt. Das würde in Zürich niemand tun!
Nora: Wenn wir so beschäftigt sind wie im Moment, kommt sie manchmal schon zu kurz. Dann braucht es einen Effort, damit wir die Arbeit auf die Seite legen.
Madlaina: Wenn mich Nora in Wien besucht, fällt es leichter. Das Erste, was wir dann tun, ist ein Schnitzel essen zu gehen. Immer. Als Allererstes! (lacht).
Madlaina: Kürzlich unterhielt ich mich mit einer Freundin meiner Mutter. Sie sagte, ich sei erst dreissig und hätte alles noch vor mir. Was für ein Glück! Ich schaute sie an und antwortete: Wenn
ich die Zeitung aufschlage, erzeugt es in mir eher Beklemmung.
Nora: Speziell weckt es in mir Angst und Wut, wenn ich beobachte, wie Politiker die Freiheiten beschneiden, die unsere Mütter und frühere Generationen hart erkämpfen mussten.
Madlaina: Es ist schon krass, wie Trump & Co. in den USA das Recht auf Abtreibung versuchen auszuradieren.
Nora: Wir haben darüber Songs geschrieben, was ein wenig hilft, aber es ist uns schon aufgefallen, dass das kommende Album resignierter klingt als auch schon.
Madlaina: Ich schöpfe aus schönen alltäglichen Begegnungen, positiven sozialen Kontakten, am meisten Kraft.
Nora: Bei allem, war gerade passiert, weiss ich auf diese Frage keine Antwort.
ZU DEN PERSONEN
Nora Steiner (30) und Madlaina Pollina (28), die beide singen, Gitarre spielen, und die Tochter des Cantautore Pippo Pollina auch Piano, freundeten sich am Gymnasium an und begannen gemeinsam Musik zu machen, Konzerte zu geben und Platten zu veröffentlichen. Der Durchbruch gelang Steiner & Madlaina schon mit dem Debütalbum «Cheers», das es in die Schweizer Hitparade und die «Spiegel»-Top-10 brachte. Ihr Indie-Pop schaffte es mit dem Nachfolger «Wünsch mir Glück» in der Schweiz auf Platz 2 und in Deutschland auf 32. Die Lieder des kommenden vierten Albums sind auf der aktuellen Tournee erstmals zu hören, etwa am 12. April in der intimen Atmosphäre des Badener «Royal».
BADEN Royal, Sa, 12. April, 20.45 Uhr