Mit der Absage der Unterstützung sendet die Schweiz ein fatales Zeichen: Meret Ruggle. zvg
Die jüngste Sparaktion des Bundes trifft nicht nur den Filmverleih Trigon hart. In Zeiten erodierender Demokratien ein fragwürdiges Zeichen aus Bern. Ein Kommentar von Meret Ruggle, Co-Geschäftsleiterin von Trigon.
Seit dem 29. Januar 2025 ist klar: Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) streicht ab 2029 alle Kultur-Partnerschaften in der Schweiz. Die verhältnismässig kleine Einsparung im DEZA-Budget trifft die 12 betroffenen Institutionen schwer, darunter neben den Winterthurer Kurzfilmtagen, dem Filmfonds Visions Sud Est oder dem Programm Open Doors des Locarno Filmfestivals auch den im Aargau ansässigen Filmverleih Trigon-Film. Der gemeinsame Nenner all ihrer Programme: Ihr Einsatz für die Filmkunst aus dem globalen Süden, der jahrzehntelang über die DEZA vom Bund unterstützt wurde. Nun ist Schluss damit, denn das Parlament hat im Dezember entschieden, Friedensförderung lieber über Investitionen in die Armee statt über die Internationale Zusammenarbeit (IZA) anzugehen. Dies ist ein herber Verlust für das Schweizer Publikum, den gesamten Kultursektor sowie unzählige Kulturschaffende im globalen Süden. Gerade in Zeiten zunehmender Polarisierung, in denen Friedens- und Demokratiebewegungen weltweit mehr denn je unter Druck geraten, sendet die Schweiz mit dieser Absage ein fatales Zeichen. Die konkrete Förderung von Künstler*innen aus Ländern mit wenig bis keinen staatlichen Förderhilfen für unabhängiges Filmschaffen öffnete ihnen Zugänge zum hiesigen Kulturmarkt und zu professionellen Netzwerken; sie stärkte die lokalen Kulturszenen und deren immense Vielfalt. Durch den jüngsten Parlamentsentscheid werden diese langjährig aufgebauten Netzwerke nach 30 Jahren einfach zerstört.
Seit Jahrzehnten setzt sich die Stiftung Trigon-Film dafür ein, dass Filme aus dem globalen Süden produziert und in der Schweiz ausgewertet werden können. Trigon-Filme ermöglichen einen Blick auf Lebenswelten und Erzählweisen aus dem globalen Süden, helfen beim Perspektivenwechsel, um die Gegenwart besser verstehen und die Zukunft besser gestalten zu können. Allein über die Ticketeinnahmen lässt sich der Verleih von Filmen aus Ländern wie Lesotho, Malaysia oder Nicaragua leider nur in seltenen Fällen finanzieren. In der Schweiz gibt es keine vergleichbaren Fördermöglichkeiten an der Schnittstelle zwischen Kunst- und Kulturschaffen und Entwicklungszusammenarbeit. Durch den jüngsten Entscheid ist somit eine drastische Minderung an Vielfalt in der Schweizer Kulturlandschaft zu befürchten. Auch für ihr Image tut sich die Schweiz damit keinen Gefallen: Ihr Engagement war gerade durch die Strahlkraft von Open Doors oder Visions Sud Est von hoher internationaler Relevanz und weltweit renommiert, Letzterer wie auch der Salon africain du salon du livre de Genève stehen nun vor dem sicheren Aus.
Warum soll sich die Schweiz einsetzen, dass auch Filme aus dem globalen Süden bei uns verfügbar sind? Weil die Zukunft multikulturell ist und wir gemeinsame Herausforderungen nur gemeinsam angehen können. Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass wir zukünftig ein deutlich höheres Niveau an internationaler Zusammenarbeit erreichen müssen, um Weltprobleme zu bewältigen. Oscarpreisträger Alfonso Cuarón appellierte am Filmfestival Locarno an den Bundesrat: «Diese Kulturförderung ist wichtig für die Welt des Films, und sie unterscheidet die Schweiz von anderen Ländern.» Als Unterzeichnerin der UNESCO-Konvention für kulturelle Vielfalt sollte die Schweiz ein Vorbild in der Unterstützung internationaler Kulturpartnerschaften sein. Nun müssen wir neue Lösungen zur Finanzierung suchen, wenn wir nicht auf eine komplett kommerzialisierte Zukunft zusteuern wollen und Kino neben Unterhaltung weiterhin auch kulturelle Vielfalt bieten soll. In Zeiten, in denen die Demokratie grossen Gefahren ausgesetzt ist, sollte die Schweiz mit ihrer humanitären Tradition ein Zeichen setzen. Institutionen wie Trigon-Film ermöglichen künstlerische Freiheit und demokratische Stimmen in Ländern, wo dies systematisch erschwert ist. Kultur schafft Raum für Diskurse, um statt Abschottung Inklusion zu fördern. Das brauchen wir heute mehr denn je.
Meret Ruggle ist Co-Geschäftsleiterin der Stiftung Trigon-Film, einem unabhängigen Schweizer Filmverleih mit Sitz in Ennetbaden AG. Die Stiftung veröffentlicht seit 1988 sorgfältig ausgewählte Filme aus Lateinamerika, Asien, Afrika und Osteuropa und betreibt eine eigene DVD-Edition und die Streaming-Plattform filmingo. Daneben ist sie Vorstandsmitglied von Visions Sud Est sowie der Internationalen Kurzfilmtage Winterthur.