Ausstellung

Treffpunkt Experimentierfeld

Von
Tania Lienhard

Das Tanzkollektiv The Field wird die neuen Räume des Kunstraums ausloten. Foto: Claude Barrault

Patrizia Keller ist seit Dezember 2023 Leiterin des Kunstraums Baden. Sie kehrt damit an den Ort ihrer Anfänge in der Kunstbranche zurück – mit einem Rucksack voller Pläne. Eben wurde ihre erste Ausstellung eröffnet.

Patrizia Keller, wie kamen Sie zur Kunst?

Eine Kunstvergangenheit in dem Sinne, dass ich schon als Kind das Ziel hatte, einmal in der Branche zu arbeiten, habe ich nicht. Es war sogar so, dass ich im Gymnasium zwischen Musik und Kunst wählen musste – und mich für Musik entschied (lacht). Aber als es dann darum ging, mir eine Studienrichtung auszusuchen, interessierte mich Kunstgeschichte am meisten. Mein erster Studentinnenjob im Kunst­ und Kulturbereich war übrigens im Kunstraum Baden.

Also schliesst sich gerade ein Kreis?

Das kann man so sehen.

Was bedeutet Kunst für Sie?

Kunst ist ein wichtiger Bestandteil sowohl meiner Arbeit als auch meines Lebens. Sie ist für mich ein Spiegel der Gesellschaft, der Zustände auf der Welt sichtbar macht, die anders kaum darstellbar sind. Kunst irritiert aber auch und hinterfragt. Und sie fordert uns auf, uns auf sie einzulassen und unseren Blick und die Gedanken zu erweitern.

Sie sind die neue Leiterin des Kunstraums Baden. Wie sieht Ihre erste eigene Ausstellung aus?

Der Kunstraum Baden hat ja nicht nur eine neue Leiterin, sondern auch ein neues Kernteam und ist zudem an einen neuen Ort, ins Merker­ Areal, umgezogen. Diese Kombination v on Ereignissen gibt’s nicht so oft und ich wollte die Chance nutzen. Mir war von Anfang an klar, dass ich nicht einfach eine «traditionelle» Auson Ereignissen gibt’s nicht so oft und ich wollte die Chance nutzen. Mir war von Anfang an klar, dass ich nicht einfach eine «traditionelle» Ausstellung machen möchte. Mit «einziehen umräumen» kreieren wir ein fliessendes Projekt. Bis Dezember erforschen vier künstlerische Positionen nach und nach den Kunstraum, greifen in den Raum ein, gestalten und aktivieren ihn. Auch das Publikum wird dabei mit einbezogen.

Können Sie konkreter etwas zu den Künstler*innen sagen?

Das Kollektiv RELAX (chiarenza & hauser & co) steht bei der Neueröffnung mit seiner Intervention unter dem Titel «Wie beginnen wir?» am Anfang. Es tapeziert verschiedene Wände im Kunstraum mit farbigen Plakatpapieren und begrüsst alle, die in Zukunft mit dem Kunstraum zu tun haben werden. Leila Peacock nutzt Fensterscheiben als Pro­ jektionsfläche für Zeichnungen. Bis Ende Jahr werden immer mehr Fenster beidseitig von ihr bemalt. Christoph Brünggel erkundet den Kunstraum mit dem Medium Sound und wird in Form unterschiedlicher Episoden eingreifen. Und «The Field» ist ein Tänzer*innen­Kollektiv, das am 26. Oktober eine Tanzperformance zeigen wird, in der es improvisierend auf den Raum eingeht.

Was haben Sie künftig mit dem Kunstraum vor?

Ich möchte, dass der Raum weiterhin als Experimentier­ feld genutzt werden kann. Es sollen einerseits orts­ spezifische Arbeiten entstehen, andererseits finde ich es schön, wenn regionale mit nationaler Kunst interagiert. Der Kunstraum soll ein Ort sein, an den man gern geht, ein Treffpunkt. Das Mer­ ker­Areal ist ein Hotspot für Kreative, hier gibt es unter an­ derem Architektur­ und Grafikbüros, das Animationsfilmfesti­ val Fantoche sowie natürlich auch Gastronomie. Es herrscht ein schönes, inspirierendes Gewusel, unterschiedliche Perspek­ tiven sind wahrnehmbar. Es passiert einfach sehr viel hier, das ist spannend. Ich möchte das auf den Kunstraum ausweiten.

VIELFÄLTIGES UMRÄUMEN

Seit Anfang 2024 ist der Kunstraum Baden unter der neuen Leitung von Patrizia Keller und mit einem neuen Team im Merker­Areal eingezogen. Sprechenderweise heisst die erste Ausstellung «einziehen umräumen». Während mehrerer Monate wird der Kunstraum Baden zum Experimentierfeld. Vier künstlerische Positionen greifen bis Dezember in den Raum ein: Das Kollektiv RELAX (chiarenza & hauser & co), Leila Peacock, Christoph Brünggel sowie das Kollektiv The Field.

BADEN Kunstraum, Infos: kunstraum.baden.ch

Patrizia Keller

ZUR PERSON

Patrizia Keller (1981, wohnt in Zürich) ist Kunsthistorikerin und Ku­ratorin. Sie studierte Kunstgeschichte, Geschichte der Neuzeit und Neuere deutsche Literaturwissenschaft in Zürich und promovierte 2015 zur Förderung der bildenden Kunst in der Schweiz seit 1980. Seit 2024 ist sie Leiterin des Kunstraums Baden. Davor war sie als freischaffende Kunsthistorikerin, Kuratorin und Autorin u.a. für die Kunsthalle Arbon oder die Graphische Sammlung ETH Zürich tätig. Von 2016 bis 2021 war sie Kuratorin und stellvertre­ tende Leiterin am Nidwaldner Museum in Stans. Davor hat sie in ver­ schiedenen Funktionen Erfahrung als Kuratorin und Vermittlerin gesammelt, u.a. beim Kunstraum Baden, beim Trudelhaus ebenfalls in Baden oder bei der Kunsthalle Bern. Von 2014 bis 2018 war sie ausserdem Teil des Aargauer Kuratoriums, wo sie den Vorsitz Fachbereich Bildende Kunst & Performance innehatte.