Die Eva-Seck-Kolumne
In unserem Quartier soll etwas ausprobiert werden: Nach dem Vorbild der Superblocks in Barcelona werden die Strassen verkehrsberuhigt, begrünt und vielfältig nutzbar gemacht. Dafür eingesetzt haben sich unter anderem Anwohnende, die sich in der Lokalgruppe 4057 organisieren. Bislang wurde dieser öffentliche Raum den Autos überlassen: Parkplätze, Durchfahrt, Vorfahrt. Oftmals fahren SUVs mit Tempo 40 anstelle der vorgeschriebenen 20 durch das «verkehrsberuhigte» Quartier, dessen Herz ein grosses Primarschulhaus ist. Der geplante Superblock wird im besten Fall eine Rückeroberung des öffentlichen Raumes: Luft- und Lärmqualität sollen sich verbessern, Begegnungen und Austausch ermöglicht, gefahrenlose Bewegungsfreiheit für Kinder und ältere Menschen, gemeinsames Gestalten und Erhalten der Begegnungszonen und eine vorerst mobile Begrünung, welche im Sommer Schatten spenden soll – im Gegensatz zum Blech und Asphalt, der die Strassen in den Sommermonaten ins Unerträgliche aufheizt. Dieser Versuch steht ganz im Sinne der Funktion einer «Allmende», wie der Philosoph und Publizist Andreas Weber in seinem Essay «Indigenialität» beschreibt: «Auf den kürzesten Nenner gebracht, heisst Allmende: Alle nutzen, alle schützen, alle erhalten etwas, alle tragen etwas bei. [...] Es gibt keine privilegierten Nutzer und keinen Privatbesitz. In einer Allmende wird nicht eine «Ressource» erschlossen, sondern ein Beziehungsprozess geknüpft.» Für das Altersheim um die Ecke wünsche ich mir bequeme Bänke, schattiges Grün und eine bunte Mischung an Menschen, die mit den Bewohnenden ins Gespräch kommen; eine kleine Revolution für das Lebendige.
Eva Seck (*1985 in Rheinfelden) schreibt Lyrik, Prosa und essayistische Texte. Ihr letzter Gedichtband «versicke rungen» erschien 2022 im Verlag die brotsuppe in Biel. Sie lebt mit ihrer Familie in Basel.