Die AGKV-Kolumne
Das Thema meiner letzten Kolumne – das Optimieren von Rothko-Bildern – brachte mir einige spannende Diskussionen ein, an denen ich Sie gern teilhaben lassen möchte.
Warum ich das Optimieren denn für so schlecht halte, so die grundsätzlichste Frage, die mir gestellt wurde. Nein, ich bin nicht generell gegen Optimierungen, aber eben gezielt und an der richtigen Stelle. Wenn ich z.B. die Autokolonne sehe, die sich jeden Morgen und jeden Abend durch meinen beschaulichen Wohnort im Fricktal schiebt, so sehe ich grosses Optimierungspotenzial – mit zumindest zwei Menschen pro Auto könnten wir die Blechlawine halbieren! Oder jene, die mit dem Auto in die Tiefgarage fahren, möglichst dicht an die Tür des Lifts, der sie ins Fitness-Studio bringt. Dort stählen sie ihre Körper. Bei der Anfahrt mit Velo und beim Treppensteigen hätten sie bereits einen Teil des Trainings absolviert.
Oder Gedichte – ich liebe wohlgeformte und auf ein Minimum reduzierte Zeilen. So zum Beispiel diese vier von meiner verstorbenen Mutter, der Schriftstellerin Irma Hildebrandt:
ZEITRAFFER
Kaum knospen die Blüten
reifen die Früchte
fällt das Herbstlaub
in den Schnee
Franz Hohler wurde kürzlich in einem Interview in der NZZ gefragt, ob er ein Bild vor Augen habe, wenn er dichte. Er antwortete: «Ja, aber ohne Klang geht es auch nicht. Die Frage ist: Wie kommt es zum Ensemble von Bild, Wortwahl und Klang? Jedes Wort trägt ja bereits eine Melodie in sich ... Man kann ein Gedicht nicht schnell lesen, man muss das Bild, die Worte, den Klang wirken lassen. Eine kleine Rast auf der Wanderung durch das Leben.»
Also wieder nix mit Optimieren!
Regula Laux, Medienpädagogin, Laufenburg Stiftungsrat Pro Argovia, Mitglied des AGKV-Vorstands